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Das Salzburger Marionettentheater

Wer meint, Oper fände in Salzburg nur im Festspielbezirk statt, hat weit gefehlt.

Bereits seit 1913 existiert in Salzburg eine weitere Institution, die unübertroffen an Zauber, ebensolche Opern spielt, nämlich das Salzburger Marionettentheater.
Nach vielen unterschiedlichen Aufführungsorten seit seiner Gründung, hat das Theater ab 1971 in der Schwarzstraße, zwischen der Stiftung Mozarteum und dem Landestheater, ein festes Zuhause gefunden.

Nicht Jedem erschließt sich sofort der Zauber der Marionetten. Ich hatte das Glück, von Mitarbeitern des Theaters herzlich empfangen zu werden und ihre Begeisterung, mit der sie Ihre Puppen führen, miterleben zu dürfen.
Viele von uns assoziieren Marionetten mit unbedarfter Kindheit und Jugend. Ist man ihnen aber einmal begegnet, wird man förmlich mitgerissen vom Charme und der Liebenswürdigkeit, von Ausdruck und Seele dieser nur scheinbar so leblosen Holzfiguren, die im Spiel spontan zu hinreißendem Leben erwachen.

Man fühlt mit, wenn sie agieren, karikieren und es liegt wohl an unserer Phantasie, die uns während deren Spiel, aus den Fesseln der Konventionalität, in der wir uns täglich gefangen sehen, in eine Kindlichkeit führt, in der wir damals in der Lage waren, alles ohne Beschwernisse des Alltags zu erleben und wie hier mitzuträumen.

Mozarts Zauberflöte erscheint uns angesichts  der so liebevoll geschnitzten Puppen wie Sarastro, Papageno, oder Königin der Nacht, als besondere, zauberhafte Posse, die unser Herz befreit, auch wenn die „Hölle im Herzen der Königin der Nacht kocht“.

Ja und neben allen Marionetteninterpreten, deren Herzblut über Fäden zu den Puppen führt, während diese auf der Bühne zu uns „Kinderseelen“ sprechen, agiert im Hintergrund eine führende Hand. Sie besitzt die guten Eigenschaften, die für eine solche Position vonnöten sind, nämlich Energie und Herzlichkeit gleichermaßen.
Ich durfte  die Direktorin des Unternehmens, Frau Barbara Heuberger im Rahmen einer Führung  durch ihr Haus erleben. Sie geht mir nicht nur voran und zeigt  Figuren, erklärt Zusammenhänge und listet Aufführungsorte auf. Ja das tut sie natürlich auch, aber sie setzt sich auch vor das kleine Eselchen, das in Tschaikowskys Nussknackersuite auftritt, und krault ihm den vorgereckten Hals. Eine rührende Geste, die niemals stattfinden könnte, würde diesem Marionettentheater, für das sie täglich kämpft, nicht all ihre Liebe gehören.

Das Marionettentheater besteht nicht nur aus dem Theater als Solches. Es beherbergt noch viel mehr als diese eine Kunst des Schauspiels. Tischler, Schnitzer, Schlosser, Näherinnen erschaffen Marionettenköpfe, -hände, denen sie Ausdruck verleihen, schneidern Kleider zu all den Stücken die gespielt werden. Sie tun das mit Liebe und Hingabe und tragen mit ihren Arbeiten nicht unwesentlich zu Ausdruck und zum Gelingen der Aufführungen bei. Es ist eine kleine Welt in der man sich hier bewegt, beeindruckend und rührend gleichermaßen und nicht selten kommt einem das Wort „erschaffen“ in den Sinn, wenn man hier, hinter der Bühne Gast sein darf.

Die allgemeine Anerkennung wurde dem Salzburger Marionettentheater 2017 durch die Aufnahme als immaterielles Weltkulturerbe  in die nationale Liste der UNESCO der historisch bedeutenden Brauchtümer ausgedrückt, wozu auch wir herzlich gratulieren.

Das Repertoire des Marionettentheaters ist schier unerschöpflich. Neben der meistgespielten „Zauberflöte“ stehen weitere Mozartopern wie z.B. „Bastien und Bastienne“, „Apollo und Hyazinthus“, „Der Schauspieldirektor“ am Spielplan. Aber auch viele andere bekannte Werke, wie „Dr.Faustus“, das als ältestes, deutsches Puppenspiel gilt, oder Exuperys „Der kleine Prinz“, Tschaikowskys „Nussknackersuite“ oder die Operette „Die Fledermaus“ stehen am Programm.

Das Marionettentheater agiert nicht nur in Salzburg, es spielt mittlerweile weltweit, in den großen Häusern Europas und Amerikas, in den arabischen Ländern, in Asien und seit Kurzem auch in China. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, all diese Orte detailliert aufzuzählen, dafür gibt es eine ausführliche Chronologie auf der Homepage des Theaters (www.marionetten.at).

All diese Fakten und geschilderten Empfindungen sprechen sehr intensiv für das Marionettentheater als unverzichtbare Salzburger, nationale, nein, internationale Kulturinstitution. Umso mehr scheint es unverständlich, dass das Salzburger Marionettentheater in unserem kulturbeflissenen Österreich nicht mehr Unterstützung, erfährt.

Liebe Leser, wir finden, dass das Marionettentheater ein Teil von uns, von Ihnen, ein Teil der österreichischen Seele ist, das in mehr als 100 stürmischen Jahren, mit Herzblut gedüngt, geadelt durch viel Engagement und Verzicht ihrer Gründer und Betreiber, zu etwas Großartigen gewachsen ist. Kommen  Sie und lassen Sie sich, so wie ich, der als Berichterstatter gekommen und als Bewunderer gegangen ist, verzaubern. R.Gi.